Russlanddeutsche Twoiback oder Zweiback

Ich habe gerade mit Überraschung festgestellt, dass ich gar nicht soooo viele Rezepte hier auf dem Blog habe, die mich in Kindheitserinnerungen schwelgen lassen. Das liegt sicherlich auch mit daran, dass wir von Uruguay nach USA, dann zurück nach Uruguay gezogen sind, um in Deutschland dann Fuß zu fassen. Als i-Tüpfelchen sei hier nur angemerkt, dass alle meine vier Großeltern zwar deutsche Pässe haben, aber in der ehemaligen Sowjetunion großgeworden sind, sodass auch diese Einflüsse in unserer Esskultur zu spüren waren. Es gab immer ein Kaleidoskop an Gerichten aus aller Welt in meiner Familie. Neben dem uruuguayischen Schnitzel namens milanesa, aß ich auch sehr gerne die russische Napoleon-Torte oder tat mich gütlich an polnischen Pierogi und dem ukrainischen Osterbrot namens Paska. Erst vor kurzem habe ich mich an den Pfefferminzkeksen meiner Oma probiert, die ich schon viele Jahre nicht mehr gegessen hatte und mich glücklich gemacht haben. In dieses Kaleidoskop an Gerichten reiht sich nun der russlanddeutsche Twoiback oder Zweiback (nein, das ist kein Tippfehler, ich meine die Zahl Zwei) ein. „Twoi“ ist im Plattdeutschen der Mennoniten die Zahl zwei. Twoiback bestehen im Grunde aus einem einfachen Hefeteig, der ziemlich weich ist und traditionell aus zwei Kugeln besteht. Meine Schwester hat ihn in seiner Form als halbfertigen Schneemann bezeichnet, was ich eine ziemlich eindrückliche Beschreibung finde.

Twoiback werden immer und jederzeit zu allen Anlässen serviert, egal, ob zum Sonntagsessen, auf Hochzeiten oder anderen Feiern, Twoiback sind sozusagen Basisprogramm, bei Russlanddeutschen finden sie sich immer, egal, was serviert wird. Ich habe Twoiback sehr gerne zum Frühstück gegessen, mit etwas Butter und Marmelade waren mir Twoiback viel lieber als langeweilige deutsche Brötchen. Ich fand es auch so praktisch die beiden Kugeln aufzureißen, da brauchte man kein Schneidemesser, da konnte man einfach ein wenig Butter und Marmelade draufstreichen und dann in diese leckeren weichen Kügelchen beißen, einfach ein Traum.

Besonders gut konnten natürlich meine Omas Twoiback backen. Beide waren Meisterinnen, da jedoch eine Oma relativ früh gestorben ist, ist mir der Twoiback meiner anderen Oma nochmal lebhafter in Erinnerung. Sie hat mir auch einmal als Studentin gezeigt wie man sie zubereitet. Aber wie so oft bei meiner Großmutter, wurde alles mit Gefühl gemacht, komplett ohne Waage und der Teig einfach durch kneten auf seine Konsistenz befragt. Deshalb versuchte ich erst gar nicht selbst Twoiback zu backen, das schien mir der heilige Gral zu sein und an die leckeren Teilchen meiner Oma würde ich sowieso nicht drankommen. Aber jetzt ist es soweit und es gibt zwei Auslöser dafür, dass ich das Rezept hier vorstelle. Zum Einen hat mich meine Schwester inspiriert Twoiback schön abzulichten. Sie begibt sich im Moment auf Spurensuche unserer Vergangenheit und recherchiert viel. Dass sie irgendwann auf Essen und insbesondere Twoiback stoßen würde, war unausweichlich. Dass Twoiback lecker, weich und fluffig sind, wissen wir beide, aber bisher gibt es nicht sonderlich viele ansprechende und appetitliche Bilder im Internet, sodass ich in Aktion treten wollte. Der zweite Auslöser ist das Blogevent, das von Zorra vom Kochtopf und Maria vom Blog Das Mädel vom Land ausgerichtet wird, hier wurden Gerichte gesucht die glücklich machen. „Koch dich glücklich!“ lautet das Motto, Twoiback machen mich definitiv glücklich, also musste ich hier mitmachen. Maria hat mir mit ihrem Hochzeitstortenspezial definitiv auch extrem viel geholfen, als ich selbst meine erste dreistöckige Hochzeitstorte buk, sodass ich nochmal angesporter war bei diesem Blogevent mitzumachen, quasi als Dankeschön für ihre große Hilfe damals.

Blog-Event CXCIII - Happy Bubble - Koch dich glücklich! (Einsendeschluss 15. Februar 2023)

Und damit habe ich genug Vorrede gehabt, lass uns endlich Twoiback, wie sie immer bei Russlanddeutschen und Mennoniten zu jeder Tageszeit anzutreffen sind, backen!

Ursprung: Youtube-Video EckArtRezept (auf Russisch)

Russlanddeutsche Twoiback

Serves: Ca. 10-12 Twoiback, je nach Größe
Prep Time: 20min Cooking Time: 15-20min Total Time: 3hr 30min

Russlanddeutsche Twoiback sind ähnlich zu Brioche, enthalten Butter und sind ein sehr weicher und fluffiger Hefeteig in doppelter Kugelform.

Ingredients

  • (Dies ist ein kleines Rezept, da wir nur zu zweit sind. Es kann gerne verdoppelt werden.)
  • 50g Butter
  • 250g Milch
  • 1 TL Zucker
  • 25g Wasser
  • 12g Frischhefe
  • 2 1/2 EL Öl
  • 3/4 TL Salz
  • 400-450g Mehl, Type 550

Instructions

1

Die Butter schmelzen und im Anschluss die Milch hinzugeben und mit erwärmen, man sollte noch seinen Finger hineinhalten können. Dann den Zucker mit lauwarmen Wasser und der Frischhefe in einem Glas auflösen. In eine große Knetschüssel die Frischhefemischung sowie Butter-Milch-Mischung hinzugeben. Öl, Salz und 400g Mehl kurz mit dem Holzlöffel einarbeiten und dann ca. 5min in einen sehr weichen Teig kneten, bei mir übernimmt das die KitchenAid. Ich knete dann nochmal ca. 3 Minuten auf zweiter Stufe den Teig. Er sollte sehr weich sein, falls er noch absolut flüssig ist, etwas mehr Mehl einarbeiten, aber er ist definitiv sehr klebrig. Wer keine Küchenmaschine hat und dem das alles zu klebrig und schwierig ist, kann den Teig auch einfach über Nacht im Kühlschrank stehen lassen und am nächsten Tag fortfahren. Den Teig abgedeckt in einer mit Öl ausgewischten Schüssel ca. 1-2 Stunden oder bis sich das Volumen mindestens verdoppelt hat, stehen lassen.

2

Ein Backblech mit Backpapier belegen. Die Hände einölen und den Teig nur ganz kurz einmal durchkneten. Er sollte möglichst weich bleiben, deshalb arbeiten wir hier mit Öl und bemehlen die Arbeitsfläche maximal ganz leicht. Dann einen Teil Teig mit geölten Händen abkneifen und Kugeln mit der Fausthand abdrücken. In diesem Video zeige ich wie ich es mache. Vom Durchmesser sollte die untere Kugel etwas größer sein als die obere, ich würde sagen die untere eine richtig große Walnuss. Die untere Kugel auf das vorbereitete Backblech setzen. Wenn man die zweite Kugel aufsetzt, gern mit dem Zeigefinger in der Mitte hinunterdrücken, sodass die beiden Kugeln aufeinander kleben bleiben. Dann nochmal mit einem feuchten Tuch abdecken und ca. 45min gehen lassen oder sich das Volumen deutlich vergrößert hat. Kurz vor dem Backen mit etwas Wasser besprühen.

3

Den Ofen auf 210 Grad Ober- und Unterhitze heizen und die Twoiback ca. 15-20 min backen bis sie goldbraun sind. Am besten noch warm mit z.B. Butter, Marmelade oder Wurst genießen und glücklich sein (meine Oma hatte zwar immer große Sorge, dass meine Schwester und ich viel zu viel warme Twoiback aßen, aber wir waren einfach nur glücklich, es gibt einfach nichts Besseres als warmen Hefeteig!). Twoiback lassen sich super einfrieren und können gut in der Mikrowelle aufgewärmt werden. Sie schmecken frisch am besten.

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6 Kommentare

  • Antworten
    Das Mädel vom Land
    Sonntag, der 29. Januar 2023 at 12:54

    Liebe Jenny,
    deine Geschichte zum Rezept habe ich sehr gerne gelesen. Ich frage mich, wie es ist, inmitten so vieler Kulturen aufwachsen zu dürfen. Du hast so vielfältige Wurzeln, das ist richtig faszinierend.
    Und deine Twoiback! Zuerst dachte ich ja an so etwas wie Zwieback, der ja bei uns hart und krachend ist, weil er zwei Mal gebacken wird. Das „Zwei“ in deinem Gebäck kommt aber tatsächlich von der Form, oder?
    Jedenfalls freue ich mich sehr, dass du mitgemacht hast bei meinem Blogevent – und danke dir von Herzen für deine lieben Worte – das schmeichelt mir sehr 🙂
    Alles Liebe!
    Maria

    • Antworten
      Jenny
      Sonntag, der 29. Januar 2023 at 13:14

      Liebe Maria, ja genau, es kommt von der Form, dass zwei Kugeln aufeinandergesetzt werden. Es war mir eine Freude mitzumachen!

  • Antworten
    zorra vom kochtopf
    Montag, der 6. März 2023 at 10:00

    Wow, du hast ja schon eine turbulente Vergangenheit hinter dir! Was die Brötchen betrifft, die werden ganz bald nachgebacken. Sie sind nämlich genau nach meinem Geschmack!

  • Antworten
    Elena
    Dienstag, der 11. April 2023 at 15:35

    Hallo Jenny,

    danke für das Rezept! Bin zufällig nachts drauf gestoßen, als Zwieback backen einplanen wollte und zu faul war, um aufzustehen und in meinen Rezepten nachzusehen. Und ich bin dann bei deinem Rezept geblieben.
    Es wird heute getestet, allerdings mit Dinkelvollkornmehl, Kürbispüree für etwas Farbe und Zucchiniraspel als Butterersatz.
    Bin gespannt auf das Ergebnis.
    Ich bin auch Russlanddeutsche und erinnere mich, dass meine Mutter die Zwieback auch schon Mal zweimal gebacken hat, um sie haltbar zu machen. Was sie mit den knusprigen Zwieback anschließend gemacht hat, weiß ich leider nicht mehr, aber bei mir kommen evtl. Reste frühzeitig in den TK.
    Danke nochmal und alles Gute dir!
    FG
    Elena

    • Antworten
      Jenny
      Dienstag, der 11. April 2023 at 18:56

      Liebe Elena, ich bin gespannt auf das Ergebnis! Grüße, Jenny

      • Antworten
        Elena
        Dienstag, der 11. April 2023 at 19:26

        Hmm, sie behielten leider nicht ihre Form. Der Teig war wohl dank des Kürbispürees zu flüssig. Ich habe zwar 50 g Mehl hinzugefügt, aber das war wohl nicht genug.
        Schmecken tun sie gut. Besser als Pizzabrötchen, aber für mich zu langweilig. Das nächste Mal werde ich sie mit Bärlauch, Röstzwiebeln und Schinkenwürfel oder etwas anderem probieren.
        Die Zucchiniraspel und das Dinkelvollkornmehl taten ihnen aus meiner Sicht jedenfalls keinen Abbruch.
        Da ich nicht so eine Süße bin, würde ich auch mehr Salz nehmen, aber das kann natürlich jeder machen, wie er möchte. ?

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