Kolumbianische Weihnachtsrezepte und -bräuche

Buñuelos aus Kolumbien

Heute habe ich das große Vorrecht euch ein wenig mit hineinzunehmen in die Welt der kolumbianischen Weihnachtsbräuche. Natürlich gibt es, wie es sich gehört, auch Rezepte. Kolumbianische Weihnacht ist, im Gegensatz zur deutschen Weihnacht, deutlich fröhlicher, lauter und unbekümmerter. Während hier die Familien im kleinen Kreise an den kurzen Wintertagen gemütlich zusammensitzen und entweder besinnlich oder beschwipst beieinander sind, fahren Kolumbianer in großen Scharen zu Verwandten. Weihnachtsfeiern starten oft mit 30 Personen und können locker deutlich größer sein. Eventuell sieht man einen Geburtstagskuchen (schließlich ist es ja Jesus Geburtstag) und sieht sie fröhlich Salsa tanzen. Natürlich ist auch das Essen extrem wichtig. Irgendwo findet man auf jeden Fall kleinere Grüppchen, die beschäftigt sind etwas für das Weihnachtsessen zuzubereiten, denn viele Gerichte brauchen viel Zeit und werden liebevoll stundenlang zubereitet. Übrigens wird zwischen Weihnachten und Silvester kein großer Unterschied gemacht, Weihnachten fährt man zu einem Teil der Familie und Silvester die andere Seite. Feuerwerke sind schon seit vielen Jahren nicht erlaubt.  Aber nun zurück zu dem wichtigsten Fest: Weihnachten! Fangen wir erst einmal an:

1. Der 7. Dezember ist der Tag der kleinen Lichter (día de las velitas) und der offizielle Start der Weihnachtssaison

In der Nacht zum 8. Dezember werden in Fenstern, auf Balkonen, im Garten und überall sonst, wo es möglich ist, diverse Lichter, Laternen und Lampen aufgestellt. Jede Stadt organisiert eine Lichtershow und teilweise gibt es auch städtisch organisierte Feuerwerke. Grund dafür ist die Jungfrauengeburt, bzw. unbefleckte Empfängnis. Die Lichter sollen symbolisch den Weg bereiten für die Jungfrau, um die einzelnen Familien und Häuser zu segnen. Man dankt außerdem der Jungfrau für das vergangene Jahr und bittet um Segen für die Zukunft. Der 8. Dezember ist dementsprechend ein Feiertag in Kolumbien. Obligatorisch isst man hier kleine frittierte Käsebällchen, auch buñuelos genannt, oder isst einen Milchpudding namens natilla.

Buñuelos werden in großen Mengen zubereitet, im Dezember werden sie jederzeit gerne gegessen

2. Las Novenas, die neun Tage vor Weihnachten

Für Kolumbianer ist der gesamte Dezember eine besondere Zeit, wenn man will, kann man bereits vom 16. Dezember an jeden Tag quasi Weihnachten feiern. An jedem der neun Tage bis Weihnachten werden traditionell Gebete zusammen gesprochen, Weihnachtslieder (villancicos) gesungen und man kann Freunde, Kollegen, Familie oder wen auch immer zu sich einladen und natürlich reichlich essen und trinken.

3. Weihnachten oder Nochebuena ist am 24. Dezember, aber man sollte Geduld mitbringen

Ich werde nie vergessen als ich meine erste kolumbianische Weihnacht gefeiert habe. Ich wusste, dass es am 24. später reichlich Essen geben würde und hielt mich tagsüber sehr zurück. Als selbst um 22 Uhr immer noch Snacks gereicht wurden, wurde ich langsam grantig und fragte, wann es denn endlich soweit sei. Die Antwort war: natürlich kurz vor Mitternacht! Die Logik ist einfach, der 25. Dezember startet um Mitternacht vom 24. also kann man erst oder bereits ab Mitternacht die Bescherung initiieren. Das ist also anders als bei den Amerikanern, die im Pyjama am Weihnachtsmorgen ins Wohnzimmer stolpern, nein, man trifft sich bereits am 24. und füllt das Haus oder die Wohnung mit Kolumbianern soweit das Auge reicht. Es kann durchaus sein, dass man sich eingepfercht wie eine Sardiene fühlt, man darf niemanden vergessen, egal wie entfernt verwandt. Und dann geht es also los, es gibt natürlich schon vorab Essen bis es dann endlich kurz vor Mitternacht soweit ist. D.h. vom Ablauf her isst man sehr spät, sodass man um Mitternacht Geschenke auspacken kann und tanzt im Anschluss ausgelassen Salsa. Entsprechend spät oder früh, je nachdem, ist dann der ganze Spaß vorbei.

Ajiaco, kolumbianische KartoffelsuppeAjiaco, kolumbianische Hähnchen-Kartoffelsuppe aus Bogotá, die man oft als Weihnachtsessen serviert

4. Wie in Deutschland gibt es zunächst Essen und danach die Geschenke

Da es erst kurz vor Mitternacht vom 24. auf den 25. das schwere und reichliche Weihnachtsessen gibt, hält man sich tagsüber mit Snacks über Wasser. Populär sind entweder kleine frittierte Käsebällchen (buñuelos), Käsebrötchen (pandebonos), tamales, das sind in Bananenblättern gedämpftes Fleisch, Gemüse und Maisbrei und genießt als Dessert natilla. Oft werden tamales gemeinsam zubereitet, denn sie machen viel Arbeit und sind perfekt, wenn man nach reichlich Alkohohl ein herzhaftes Frühstück am ersten Weihnachtstag braucht. Das Weihnachtsessen für den 24. selbst besteht oft aus Schweinefleisch (die Logik ist, dass man ansonsten viel Rind isst und zu Weihnachten eher etwas Besonderes her muss), oft ist es Schweinebraten oder ähnliches. Bei großen Verwandtenfesten gibt es evtl. lechona, das ist ein ganzes Schwein, das über Stunden geröstet und mit Gemüse und Reis gefüllt wird. Manchmal serviert man auch ajiaco, das ist eine kolumbianische Hähnchen-Kartoffelsuppe aus der Hauptstadt Bogotá (siehe Foto oben). Als Beilage gibt es oft ensalada rusa (Kartoffeln, Erbsen und Mayonnaise) oder andere recht simple Sachen wie z.B. Salzkartoffeln, Reis, usw. Interessanterweise sind Kolumbianer beim Weihnachtsessen relativ entspannt, die Gastgeberin weist an, wer vor Ort noch die Beilagen fertig stellen soll. Fragt man Kolumbianer welche Gerichte sie mit Weihnachten verbinden, kommt fast immer als Antwort buñuelos oder natilla. Ich finde es bemerkenswert, dass es die Snacks vorab sind, die Kolumbianer mit dem traditionellen Weihnachtsessen verbinden. Von wegen Weihnachtsgans oder so. Typische Nachspeisen sind der Milchpudding natilla, manjar blanco, eine dicke Karamellcreme, die aus Zucker und Milch hergestellt wird, oder aber torta negra, ein Früchtekuchen, der ähnlich wie unser Stollen schon lange vorher zubereitet wird, damit der Geschmack intensiviert.

Ensalada rusaEnsalada rusa (wörtlich „russischer Salat“ mit Kartoffeln, Erbsen und Mayo), eine typische Beilage zum Weihnachtsessen

5. Die Geschenke kommen von Jesus, el niño Dios

Gibt es in Deutschland auch Regionen, in denen das Christkindl die Geschenke bringt, so ist im katholischen Kolumbien ganz klar, wer der Star der Show ist: Jesus. Ich war etwas irritiert als ich einmal einen Geburtstagskuchen zu Weihnachten entdeckte und fragte nach, wer denn Geburtstag hätte. Entrüstet wurde mir geantwortet, dass das doch ganz klar war: Jesus! Dass das Geburtstagskind zumindest mit einem Kuchen bedacht wurde, fand ich einen sehr schönen Gedanken.

Die Bescherung bzw. das Geschenkprozedere selbst kann sehr langwierig sein, jeder der zahlreichen Gäste erhält mindestens ein Geschenk und oft muss derjenige das Geschenk vor allen auspacken und sich beim Beschenkenden bedanken. Wenn mehr als 30 Personen anwesend sind, kann man sich vorstellen wie lange es dauert bis jeder ein Geschenk erhalten hat. Startschuss ist frühestens Mitternacht, man sollte sich also auf eine kurze Nacht einstellen.

6. Weihnachten ist eine frohe Angelegenheit

Vielleicht ist es den kurzen Wintertagen geschuldet, dass in Deutschland Weihnachten in kleinem Kreis hinter verschlossener Tür stattfindet, in Kolumbien hört man meilenweit Salsaklänge aus diversen Wohnungen und je nach Alkoholkonsum (insbesondere von aguardiente, das ist von Anis gemachter Alkohol) wird man spontan eingeladen bei einer anderen Familienfeier dabei zu sein. Man ist ausgelassen und fröhlich. Und natürlich tanzt man Salsa (frag mich nicht wie oft mir versucht wurde Salsa beizubringen, ich werde wohl für immer der „deutsche Roboter“ bleiben). Für mich war es ein neuer Gedanke, dass Weihnachten nicht unbedingt nur besinnlich sein muss, sondern dass man einen Geburtstag eben auch mit Tanz feiert und Weihnachten eine fröhliche Angelegenheit ist.

7. Am 25. gibt es aufgewärmte Reste (calentados), tamales oder arepas

Resteessen ist eine Kunst für sich, die die Kolumbianer perfektioniert haben. Da wird Reis frittiert oder Ei untergehoben und alles nochmal schön erwärmt. Am 25. geht es meist etwas ruhiger zu, meist gibt es ein spätes Frühstück mit oben genannten Resten (calentados) oder aber tamales, in Bananenblättern gedämpfte Speisen (siehe unten), es ist durchaus möglich, dass man selbst an der Produktion der tamales am 24. beteilgt war. Möglicherweise werden auch arepas, das sind Maisfladen, serviert, die man mit heißer Schokolade isst. Ich kann dir versichern, du wirst auf keinen Fall hungrig bleiben. Denke dran, etwas nicht wenigstens zu probieren gilt als unhöflich, lass dich einfach von einer kolumbianischen Mama oder Tante verwöhnen und erfreue dich an den vielen Köstlichkeiten und dem geselligen Beisammensein: ¡Feliz Navidad!

Tamales aus Kolumbien zum ersten WeihnachtstagHiermit mache ich auch beim Blogevent von Küchentraum und Purzelbaum sowie Geschmacksliebe mit, wenn du noch mehr zu Weihnachtsbräuchen in aller Welt lernen möchtest, schau doch hier vorbei:

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2 Kommentare

  • Antworten
    Kathrina
    Samstag, der 4. Dezember 2021 at 10:29

    Vielen Dank für diese tollen Einblicke in die kolumbianischen Weihnachtsbräuche. Das ist total spannend. Wir hatten zu Weihnachten mal eine Kolumbianerin bei uns (insgesamt war sie 3 Monate da), aber da ging es eher um unsere Bräuche. Aber es war auf jeden Fall eine tolle Zeit. Leider kam es aufgrund der politischen Lage damals in Kolumbien nie zum Gegenbesuch.
    Lieben Dank für deinen tollen Beitrag. Juliane von Geschmacksliebe hat das Event auch mitgeplant.
    Liebe Grüße

    • Antworten
      Jenny
      Samstag, der 4. Dezember 2021 at 11:10

      Hi Kathrina, sorry, dann nehme ich sie natürlich als Organisatorin mit auf.

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