Coffee-Date 14: Warum es so viele lateinamerikanische Rezepte auf meinem Blog gibt

Heute lade ich dich auf einen eher ungewöhnlichen Kaffee ein, heute geht es mir darum zu erklären, warum es so viele lateinamerikanische Rezepte auf meinem Blog gibt. Also, hol dir einen Kaffee oder Tee und lass mich berichten. Auf dem Titel abgebildet ist übrigens ein typisches Frühstück in Kolumbien: tamales, also in Bananenblättern gedämpfte Speisen mit einer heißen Schokolade. Ja, das ist kein Scherz, das isst man wirklich so zum Frühstück. So ungewöhnlich ist das heutige Coffee-Date wie der „Kaffee“, also hol dir was Besonderes zu trinken (und essen) und lass mich berichten. Um die Ursprungsfrage zu beantworten: Die offensichtlichste Antwort lautet, weil ich in Uruguay geboren bin und weil mein Mann Kolumbianer ist. Natürlich wollen wir gerne Sachen essen, die uns aus der Kindheit vertraut und bekannt sind. Das heißt, es spielt natürlich Nostalgie mit rein. Aber abgesehen von dem egoistischem Wunsch Vertrautes essen zu wollen, ist der Hauptgrund die

Uruguays Version einer Pfirsichtorte (postre chajá)Ein nostalgisches Rezept: Pfirsichtorte aus meiner Geburtsstadt Paysandù

Weitergabe von lateinamerikanischen Gerichten im deutschsprachigen Raum

Es ist mir ein Herzensanliegen lateinamerikanische Backkunst in Deutschland bekannt zu machen. Hierzulande sind nordamerikanische Teilchen bekannt, jeder weiß, was ein Brownie oder Cheesecake ist oder aber amerikanische Carrot-Cupcakes. Aber von lateinamerikanischer Backkunst hat man oft noch nie was gehört. Hast du schon mal dulce de leche, die Nutella Südamerikas probiert  (ist aber Karamell) oder Flan gekostet?  Pão de queijo ist oft ebenfalls unbekannt, auch wenn diese Käsebällchen aus Brasilien extrem populär sind. Genau wie Alfajores, Doppelkekse aus Uruguay und Argentinien; ich könnte wahrscheinlich endlos weitermachen, im deutschsprachigen Raum sind diese Köstlichkeiten schlicht und einfach noch nicht angekommen. So möchte ich die Backkunst Südamerikas (die es auch tatsächlich gibt!) im deutschsprachigen Raum bekanntmachen.

Klassische Alfajores aus UruguayAlfajores, Doppelkekse aus Uruguay mit der Karamellfüllung dulce de leche

Umwandlung von mündlich überlieferten Rezepten in schriftliche und messbare Rezepte:

Viele Gerichte sind in Lateinamerika nur mündlich überliefert und werden als Familiengeheimnisse weitergereicht. Fast immer höre ich von Südamerikanern, dass es die Oma oder „abuela“ war, die einen mit Argusaugen überwachte, wenn man versuchte das Rezept nachzumachen und die einen mit simplen Worten wie „hiervon ein bisschen mehr, davon weniger“ Anweisungen erteilte. Meine Oma war da nicht anders, ich werde wohl nie vergessen wie ich einmal versuchte sie bei der Zubereitung zu stoppen und jede Zutat abmaß. Ich gab nach ein paar Minuten auf, zwischenzeitlich hatte sie von mindestens drei Zutaten noch etwas reingeschummelt, meine Zahlen stimmten nicht mehr. Diese Mündlichkeit, dieses Backen und Kochen nach Gefühl ist typisch für Südamerika. Ja, natürlich gibt es Kochbücher, aber meist sind, wenn es dafür überhaupt ein Kapitel gibt, die süßen Sachen spärlich gesäht. Im Vergleich gibt es auffallend viele Youtube-Kanäle, Tikotoker und Instagramer; es ist einfacher mit dem Kameraauge zu zeigen, was man meint als Gerichte schriftlich festzuhalten. Blogs gibt es auch, aber auch hier ist die Auswahl nicht so groß. Was ich sagen will, ja, es gibt niedergeschriebene Rezepte, aber noch nicht in dem Ausmaß wie hier in Deutschland. Das heißt, ich versuche mich daran mündlich überlieferte Rezepte in schriftlich messbare Grammangaben umzuwandeln. Oft eine Herausforderung, aber eine Herausforderung, die ich liebe.

Ich möchte gerne lateinamerikanische Rezepte bewahren

Da leider so viele Gerichte in Südamerika nur mündlich überliefert wurden, geraten viele in Vergessenheit. Tragisch! Besonders eindrücklich ist mir ein Gespräch, dass ich mit meinen kolumbianischen Verwandten führte, in Erinnerung. Es kam heraus, dass der Großvater diverse Kuchen und Süßigkeiten als Dorfbäcker in seinem Repertoire hatte. Als ich dann fragte, ob man mir ein Rezept beibringen könnte, schwieg man ratlos. Nach einiger Zeit schaffte eine Tante es, eines nach ihren Erinnerungen zuzubereiten. Ein Rezept, gerade mal eines, konnte an die nächste Generation weitergegeben werden. Das fand ich ganz furchtbar und möchte dem entgegenwirken. Wie viel geht da verloren, wie viel bleibt somit verschollen. Das will ich nicht und deshalb sehe ich es als meine Aufgabe Rezepte so gut ich kann in einem anderen Land mit anderen Zutaten zu rekonstruieren. Und das bringt mich zum nächsten Punkt.

Annäherung mit deutschen Zutaten

Ja, einige Sachen sind schwierig hier in Deutschland nachzumachen. Ich sage nur, kolumbianische Käsebällchen namens pandebono. Hier besteht die Hauptschwierigkeit darin, dass es den Käse hier nicht gibt oder aber man ein Vermögen ausgeben muss, um ihn zu kaufen. Ich bin stolz, dass es mittlerweile sogar zwei Rezepte dafür auf meinem Blog gibt, bei dem wir den Käse mit hier bekannten Sorten ersetzen. Dass ich dabei endlos viele Versuche gestartet habe, bis es geklappt hat, ist wahrscheinlich klar. Bei buñuelos, frittierten Käsebällchen aus Kolumbien, machen wir den Käse kurzerhand einfach selbst. Schmecken tun sie aber wirklich fast wie das Original.

Kolumbianische Käsebrötchen namens pandebonosHier eine Variante pandebonos mit Mozzarella und Feta

Eine zweite Schwierigkeit ist, wenn es die Zutaten schlicht hier nicht gibt. Guave, diese exotische Frucht, ist ein Beispiel. Statt teuer Guave zu kaufen, ersetzen wir diese mit Quitte, einer heimische Frucht. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn wir eine Art Paste erstellen, die gerne als Füllung genutzt wird. In Uruguay wird sowieso Quitte genutzt, die schnittfeste „Marmelade“ wird „dulce de membrillo“ genannt. In Argentinien gibt es Plunderteilchen, facturas genannt, die mit dieser schnittfesten Quittenpaste gerne gefüllt werden. Ebenso populär ist eine Tarte, pastafrola, die ähnlich wie eine Linzertorte daherkommt.

Facturas argentinasPlunderteilchen mit Quittenpaste aus Argentinien

Mais oder Maismehl kommt viel in der lateinamerikanischen Küche zum Einsatz. Im Gegensatz zu zum Beispiel Guave, kann man hier tatsächlich Maismehl in größeren Supermärkten oder aber im Asia-Laden erstehen, es ist also nicht ganz so schwierig mit dem Ersatz. Jedoch spielt Maismehl in der deutschen Küche eine eher unbedeutende Rolle. Hier sehe ich es als meine Aufgabe an diese Zutat heranzuführen und Rezepte vorzustellen, die sie verwenden. Zum Beispiel bei diesem Maismehlkuchen aus Kolumbien. Er ist vergleichbar mit einem deutschen Sandkuchen, hat aber einen Anteil Maismehl und bekommt dadurch eine andere Süße. Es gibt natürlich ganz viele Rezepte mit Maismehl auf dem Blog, arepas, die Maisfladen aus Kolumbien, auch tacos aus Mexiko und kolumbianische Empanadas. Es wird sicherlich noch viele glutenfreie Rezepte auf dem Blog geben, weil in Südamerika Mais einfach in vielen Ländern vorherrscht.

Mantecada, kolumbianischer Sandkuchen

Ich experimentiere gerne

Sind mir Rezepte misslungen? Ohne Ende, bin ich manchmal schier verzweifelt? Aber sicher. Wenn man es sich zur Aufgabe macht etwas ziemlich Flexibles in so etwas starres wie ein Rezept mit Grammangaben zu pressen, sind Fehler vorprogrammiert. Ich kann nicht mehr zählen wie oft ich Empanadas, das sind gefüllte Teigtaschen, gemacht habe, bis ich das richtige Verhältnis zwischen Teig und Füllung raus hatte und im Ofen die Teilchen nicht die halbe Füllung  verloren. Dass ich erst dieses Jahr einen Blogbeitrag veröffentlichte mit der großen Schule zu Empanadas, kommt nicht von ungefähr. Ich habe mindestens sechs Jahre experimentiert, bevor ich mich sicher genug gefühlt habe, Tipps weitergeben zu können.

In dem Sinne hoffe ich erklärt zu haben, warum es hier so viele lateinamerikanische Rezepte gibt. Wenn du besondere Wünsche oder Anregungen hast, gib gerne Bescheid. Tarta negra, und bizcocho dominicano stehen schon auf meiner Liste, genauso wie arroz con pollo und weitere arepa-Sorten.

Ich werde übrigens oft gefragt was meine Lieblingsrezepte sind. Das ändert sich ständig, aber aktuell sind meine persönlichen drei Lieblinge aus der lateinamerikanischen Küche:

Brazo de reina aus Kolumbien, eine Erdbeerbiskuitrolle

Alfajores aus Uruguay

Schoko-Alfajores mit Karamellfüllung dulce de leche

Argentinische Empanadas mit Rindfleisch- und Kartoffelfüllung

Wusstest du übrigens, dass ich eine Kategorie habe, bei der alle südamerikanischen Rezepte zu finden sind:

Lateinamerikanische Rezepte Alle lateinamerikanischen Rezepte

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2 Kommentare

  • Antworten
    Stefanie
    Dienstag, der 4. Juli 2023 at 10:25

    I Love this! Please keep bringing out more Latin-American recipes. It is so much work adapting recipes when you live in another country and I appreciate the work and love your are putting into this blog.

    • Antworten
      Jenny
      Dienstag, der 4. Juli 2023 at 17:55

      Yay, thanks for letting me know. Just in case, all my recipes and also this article are available in German. Best, Jenny

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